Wenn ich so zurückschaue – auf die
schönen und schrecklichen Erlebnisse, dann schaue ich heute mal auf die Fehler …
Ich habe in meinem Leben einige
Fehler gemacht - aber nicht nur Fehler ....
Sicherlich auch zwischenmenschliche Fehler
– und auch in meinem Berufsleben. Wer kann dies für sein Leben nicht
feststellen?
Ich denke im Rückblick: Mit
fehlte oft der richtige und gute Mut – in meinem recht lebendigen Leben.
Insofern dürfte alles so
geschehen wie es sollte – oder? Vom Schicksal her gesehen. Kismet?
Zum Beispiel:
Der Neckar-Express wollte mich
Anfang der achtziger Jahre rausschmeißen. Der Verleger hatte Recht. Ich
hatte es provoziert. Ich machte nur Zeitung für mich und für die Leser... nicht
für den Verleger. Und der Neckar-Express war trotzdem erfolgreich.
Warum hat der Verleger mich nicht
rausgeschmissen? Warum eigentlich nicht?
Meine gelegentliche Arbeit im
Süddeutschen Rundfunk war vielleicht zu bekannt, dachte er sich, denke ich mir
– und diese Arbeit war ein kleiner Lorbeer-Kranz für den Neckar-Express? Wer
weiß, wer weiß …
Oh Gott, beim Neckar-Express
rausgeschmissen zu werden, das wäre mein großes Glück gewesen …
Naja - so habe ich mich darauf
ausgeruht – ausgeruht auf der angeblichen journalistischen
„Provinz-Freiheit”, für andere arbeiten zu können (Zeitungen, Rundfunk, etc.).
Hätte man mich – ja ja ja - mich
rauszuschmiessen, das wäre das großes Glück für mich gewesen ... wegzugehen aus
dieser langweiligen, geldgierigen, kulturlosen Stadt.
Aber – ich mag keine großen
Städte, um darin zu leben und wohnen. Nein, ich liebe kleine Städte wie
Künzelsau, Schwäbisch Hall, Heilbronn – vielleicht noch Freiburg oder
Karlsruhe.
Ich hatte ich nen Grundsatz? Naja - meiner war: Doch guter Journalismus macht keine Kompromisse. Er hat Prinzipien. Dafür wird nicht geliebt. Das ist auch richtig so, im Kapitalismus. Geld zählt , nicht die Wahrheit, oder das Streben zur Wahrheit.
Die STIMME mochte mich nicht? Oder: Liebe oder Zuneigung existierte nicht zwischen uns - OK, das hatte ich immer bemerkt.
Aber mir war es eigentlich wurscht.
Ich wollte ja weg … von der protestantischen,
antisemitischen (vom Mittelalter bis 1830 durfte Juden nicht in der Stadt
wohnen) Stadt am Neckar, die auf der
Turm ihrer Hauptkirche eine Landsknecht stehen hat.
Aber ganz plötzlich: 1987 wollte
die STIMME ein privates Radio für die Region Franken gründen. Sehr mutig – und notwendig.
Und da die STIMME das Fähnlein immer im Wind flattern ließ und läßt, suchte
Menschen, die Radio machen wollen – in der Provinz!
Es gab aber kaum Redakteure in
der Provinz, die Radio machen wollten und konnten.
Deshalb hatte auch die STIMME
mich gefragt - und mich sogar genommen. Welche ein Wunder... "Radio Regional
Heilbronn" war ein gutes Privat-Radio, am Anfang - vom Journalismus her.
Und sogar finanziell sehr erfolgreich.
Als die STIMME keine Mehrheit in
der Radio-Regional-Gesellschaft hatte (durch ein neues baden-württembergischen
Mediengesetz), da war es der STIMME völlig wurscht, ob noch Journalismus
gemacht wird oder nicht – Hauptsache die Kasse für die STIMME war voll.
Der Neckar-Express hatte 1995
eine schlechte Zeit, da stimmte das Geld schon, aber nicht so - wie der Verlag es
wollte: Die Redaktion war sehr schlecht, sehr schlecht.
Der Neckar-Express mochte mich ja eigentlich nicht. Verstehe ich
ja auch. Ich war nicht sehr pflegeleicht. Aber sie fragten mich trotzdem - mehrfach.
Ich weiß nicht warum. Sicherlich, sie verstanden nicht, wie die STIMME auch nicht,
meinen Ansatz vom Journalismus. Aber
das ist auch nicht wichtig – wichtig ist, die Kasse stimmt.
Verleger haben in Zeiten (70ger,
80ger, 90ger Jahren), in denen die Kunden und der Briefträger täglich das Geld
ins Haus schaufelten ... da dachten
Verleger und auch viele Redakteure eigentlich
nie an die Leser – sie dachten nur an sich und ans große Geld.
Aber sie kauften mich ein, denke
ich manchmal in meinen revolutionären Gedankengängen, sie haben mich angekauft - wie eine Nutte – und
sie konnten mit mir eine ganze Geld machen. Und ich habe mich hingeworfen …
In Heilbronn wurde 1998 eine neue Sonntagszeitung geschaffen – der Verleger
kam aus Freiburg und die Gazette sah aus wie kleiner Bruder von der ZEIT.
Die STIMME tobte - zu Recht. Und sie kämpfte
mit viel Geld gegen diese Konkurrenz an. Das war eine große Sünde gegen das Monopol.
Und so kauften sie mich – komischerweise - ein. Ich war geschmeichelt – und dachte
an meine Zukunft.
Der Zeitungskrieg im Unterland tobte
- zwischen “Neckar-Express/Sonntagszeitung” gegen “Heilbronner Stimme/ echo am
Mittwoch/Sonntag”. Die Maus gegen den Elefanten.
Das Ende war: Die Sonntagszeitung war ganz schnell tot. Der Neckar-Express wurde von der STIMME aufgekauft.
Und ich war ganz plötzlich echo-Chefredakteur.
Naja - ich hatte immer das Gefühl,
dass Verleger in Heilbronn mich und meine Arbeit nicht sonderlich mochten – und ich
dachte mir: weil sie mich und meine Arbeit nicht verstanden, das ist gut so.
Insofern: Ich machte so viele
Fehler, nicht nur - weil ich auf das Geld für die Verleger geschaut habe.
Obwohl ich wusste, dass viele
mächtige und reiche Leute in Heilbronn nur spießige Kapitalisten und
Biedermeier waren und sind, habe ich dieser Spießer und ihr Denken und ihre Ideologie
nie ernstgenommen.
Ich hätte mir jeden Tag sagen
sollen, ob sie mich hassen oder nicht, ich gehe jeden Tag mit kaltem Herzen in die geld-gierige
Verlagshäuser.
Aber - leider, leider – das konnte
ich nicht.
Bert Brecht sagt in seiner Mutter
Courage: Man muss im Krieg eine lange Wut haben, die kurze Wut bringt
nichts im Krieg.
Das komische ist: Ich wusste
immer, was ich tun sollte und musste – beim täglichen Handeln … nur kamen die Leut
mir dazwischen.
Jetzt kann ich mich fragen:
Warum?
Die Frage ist zu spät –
ich bin über 66 Jahre alt.
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