Samstag, 11. Juli 2015

11.07.2015 - Distanz halten

Der deutsche TV-Journalist Hanns Joachim Friedrichs hat gesagt: „Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Nur so schaffst du es, daß die Zuschauer dir vertrauen, dich zu einem Familienmitglied machen, dich jeden Abend einschalten und dir zuhören.“
Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten. Diesen Grundsatz haben viele Journalisten heute vergessen.
Zum Beispiel mit der Betrachtung des Dritten Reichs.  Wird über die Sozialdemokraten  von 1930  bis 1945 berichtet, dann schwingt immer der Ton mit, wie schade, dass die Sozis nicht gegen die Nazis gewonnen haben.
Unterschlagen wird dabei, dass Massen von den Sozis in ihren Ortsvereinen mit flatternden Fahnen zur NSDAP überschwenkten – wie auch die einfach Genossen der Kommunisten. Darin liegt der Grund, dass Sozis und  Kommunisten keine Kraft – auch im Untergrund – gegen die Nazis zu kämpfen. 
Die Gewerkschaften, ob nun sozialistisch, kommunistisch oder christlich, schwenkten mit flatternden Fahnen und in großen Massen in die Deutsche Arbeitsfront (DAF).
Bejubelt wurden die Volksempfänger, die Urlaubsfahrten mit der Organisation „Kraft durch Freude“, das Sparen auf den VW-Käfer und die 5.000-Reichsmark-Häuser des Reichsheimstättenwerks.
Das Volk, das zuvor sozialdemokratisch und kommunistisch gewählt hatte, wurde zum fanatischen Führer-Fan. Daher die Treue des deutschen Volkes bis zum Tod, bis zum Jahr 1945.
Wenn Journalisten über das Dritte Reich sprechen, dann sprechen sie von den Untaten der Nazis. Nein. Es waren Taten im Namen des deutschen Volkes – oder des deutschen Staates.
Nahezu alle Verschwörer des 20. Juli 1944 waren von 1933 und zuvor heiße und begeisterte Hitler-Parteigänger.
Das Beamte der Weimarer Republik und die des Dritten Reichs sind nahezu identisch. Aber vor allem die jungen Akademiker aus dem Kleinbürgertum waren begeistert – sie hatten im neuen deutschen Staates die Chance, Karrieren in einem Beruf zu machen, Berufe, in denen zuvor der Adel bevorzugt wurde: Wehrmacht, Justiz, Außenministerium, etc.
Um diese jüngste Geschichte – im Dritten Reich und DDR – besser zu verstehen, muss man die Scheuklappen abnehmen.
1933 hatte sich in Deutschland keine Erde aufgetan, aus dessen Schlund sich ein Teufel namens Adolf Hitler herauskam. Wenn schon  - dann haben  sich viele Hitler und Hitlerinnen von 1933 bis 1945 das zerstörerische Werk getan.
Drittes Reich und DDR kann man nur verstehen, wenn man Distanz hält, sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten und auch nicht einer schlechten. Deutschland von 0 bis 2015 verstehen, Geschichte verstehen, das ist die Aufgabe.

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