Dienstag, 8. Dezember 2015

08.12.2015 - Gemein machen II

Sehr geehrte Frau Hachenberg,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich verstehe durchaus, wenn ein Journalist gegen gewisse Meinungen mit seinen Kommentaren ankämpft,
die undemokratischen Tendenzen aufweist.

Ich sehe aber nicht, dass demokratische Parteien in der Bundesrepublik Deutschland eine Diktatur errichten wollen.

Die NSDAP und die KPD wollten einst in Deutschland eine Diktatur errichten – und haben es auch geschaffen.
Siehe “Drittes Reich” und “DDR”.

Zu Recht wurden diese Parteien in der Bundesrepublik von höchsten Gerichten verboten.

Als die NPD mit über zehn Prozent im baden-württembergischen Landtag saß, da war ich zusammen mit anderen Schülern und Studenten in Hohenlohe zusammen zu NPD-Veranstaltungen gegangen, um dort mit den Menschen zu diskutieren.

In Hohenlohe gab es Ortschaften, da lag die NPD bei über weitaus 50 Prozent der Stimmen bei der Wahl. Damals ging es vor allen um eine neue Ostpolitik – und die neue APO.

Das Gleiche haben wir als Schüler und Studenten mit der DKP getan. Eine neue kommunistische Partei, die nicht mehr eine Diktatur  in Deutschland anstrebte.

Wir haben aber nicht gegen diese Parteien demonstriert, sondern gegen die Notstandsgesetze und Neo-Nazis in den normalen demokratischen Parteien.

Ich habe in Hohenlohe bei der SPD miterlebt, wie gegen die Gastarbeiter gehetzt wurde. Dagegen diese Politik demonstrierte ich zusammen mit meinen Mitschülern, die teilweise in Spanien und Italien geboren wurden.

Das war die Zeit der ersten Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik. Und es war die Zeit, in der in Heilbronn ein SPD-Sekretär residierte, die bei der Nazi-Polizei tätig war und später bei der Waffen-SS kämpfte.

Demokratie ist ein fortwährender Diskussionsvorgang für die besseren Entscheidungen – das Volk trifft  durch Wahlen die Entscheidungen.

1969 war ich auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart.
Bei einer Diskussion mit Günter Grass und Helmut von Hentig (vor allem bekannt durch die Affäre-Odenwald-Schule) hatte ein Tübinger Apotheker zur Wort gemeldet, redete wirr und grüßte abschließend seine Kameraden von Waffen–SS und trank aus eine mitgebrachten Fläschchen Zyankali - und starb durch das Gift.

Der SS-Waffen-Mann Günter Grass machte sich lustig über den Apotheker aus Tübingen – hatte aber offenbar vergessen, dass er Mitglied bei Waffen-SS war. Grass erzählte bei dieser Veranstaltung nichts von seiner Waffen-SS-Mitgliedschaft – im Gegenteil.
Sie kennen die Grass-Geschichte.

Das Gleiche geschah mit Erhard Eppler und Walter Jens. Sie hatten einfach “vergessen”, Mitglied der NSDAP zu sein. Als man sie damit konfrontierte, hatte sehr dumme Ausreden parat – mehr nicht.

Ich hatte meinen Großväter, meinem Vater und meiner Mutter intensiv befragt, was sie im Dritten Reich betan hat. Und ich bekam überprüfbare und richtige Antworten.

Ich hatte das Glück, dass meine Eltern niemals in irgendeiner Nazi-Organisationen waren. Sie weigerten sich einfach – auch als Jugendliche und junge Erwachsene. Man musste nicht, wenn man nicht wollte. Man Vater war – nach dem Entlassen der russischen Kriegsgefangenschaft 1947 – der kommunistischen Partei beigetreten. Und er gab sein Parteibuch wieder zurück – nach dem die SED zusammen mit russischem Militär  auf streikende Arbeiter geschossen hatte. 

Gezwungen wurde niemand. Auch in der DDR nicht. Man musste Nachteile ertragen. Das ist richtig.
Aber man musste sich nicht gemein machen mit der Diktatur – weder in der DDR noch im Dritten Reich.

Ich habe durch mein Elternhaus gelernt, anderen Menschen nicht zu unterstellen, sie würden für die Diktatur der Nazis oder Kommunisten Partei zu nehmen. Nur weil sie andere Meinungen vertreten als ich.

Ich habe gelernt, gegen Menschen zu kämpfen, die ihre Meinung als die einzige und wahre  Wahrheit darzustellen. Diese Menschen sind dann mit ihrem politischen Handeln sehr nahe an einer Diktatur angesiedelt.

Und ich finde es ebenso sehr unangenehm, wenn Journalisten mit ihrer Gouvernanten-Schreibe dem Leser moralinsauer daher kommen. Das ist ein Teil der momentanen Krise des deutschen Journalismus.

Bei den derzeitigen Demos gegen AFD und gegen vermeintliche und richtige Rechte, da habe ich immer den fürchterlichen Eindruck – bei den Demonstranten-Gruppen aus Linken, die Gewerkschaften, SPD, ev. Kirche, etc. spielt historische Rache eine große Rolle.

Weil die Wähler von SPD und KPD 1933/34 in Massen zu Hitler überwechselten – bis hin zum bitteren Ende. Die Linke und die SPD haben nicht ein deutsches Trauma , weil die Deutschen sich selbst nicht  von Hitler durch einen Aufstand befreiten – sondern von den Alliierten. Mein Vater hat als Jugendlicher erlebt -  wie ein zuvor strammer SPD-Genosse / Lehrer im Sommer  1934 ganz plötzlich in der SA-Uniform in der Schule erschien. Diese Opportunisten gab es viele – vor allem in den deutschen Beamten, den Bürgertum, dem Adel  und den Intellektuellen.

Und  - leider - die Linken, linken Sozis und die linken Evangelen, die vergessen nicht, dass die DDR-Bevölkerung sich allein von den linken Unterdrückern/Diktaturen einst befreit haben.

Die heutige Kanzlerin, die bis zum 35. Lebensjahr in der DDR lebte und nie als Oppositionelle aufgefallen war, macht jetzt eine sehr radikale deutsche Flüchtlingspolitik, ohne die anderen  europäischen Völker und Länder zu befragen. Das ist Politik nach dem Motto: Am deutschen Wesen soll Europa genesen.

Das ist eine großdeutsche und widerlich nationalistische Politik, die ich verabscheue.

Insofern empfinde ich ihre Artikel aufdringlich, einseitig und a-politisch – und das halte ich für sehr  gefährlich.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Dieter Ueckert

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