Sehr geehrte Frau Hachenberg,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich verstehe durchaus, wenn ein Journalist
gegen gewisse Meinungen mit seinen Kommentaren ankämpft,
die undemokratischen Tendenzen aufweist.
Ich sehe aber nicht, dass demokratische
Parteien in der Bundesrepublik Deutschland eine Diktatur errichten wollen.
Die NSDAP und die KPD wollten einst in
Deutschland eine Diktatur errichten – und haben es auch geschaffen.
Siehe “Drittes Reich” und “DDR”.
Zu Recht wurden diese Parteien in der
Bundesrepublik von höchsten Gerichten verboten.
Als die NPD mit über zehn Prozent im
baden-württembergischen Landtag saß, da war ich zusammen mit anderen Schülern
und Studenten in Hohenlohe zusammen zu NPD-Veranstaltungen gegangen, um dort
mit den Menschen zu diskutieren.
In Hohenlohe gab es Ortschaften, da lag
die NPD bei über weitaus 50 Prozent der Stimmen bei der Wahl. Damals ging es
vor allen um eine neue Ostpolitik – und die neue APO.
Das Gleiche haben wir als Schüler und
Studenten mit der DKP getan. Eine neue kommunistische Partei, die nicht mehr
eine Diktatur in Deutschland anstrebte.
Wir haben aber nicht gegen diese Parteien
demonstriert, sondern gegen die Notstandsgesetze und Neo-Nazis in den normalen
demokratischen Parteien.
Ich habe in Hohenlohe bei der SPD
miterlebt, wie gegen die Gastarbeiter gehetzt wurde. Dagegen diese Politik
demonstrierte ich zusammen mit meinen Mitschülern, die teilweise in Spanien und
Italien geboren wurden.
Das war die Zeit der ersten
Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik. Und es war die Zeit, in der in Heilbronn
ein SPD-Sekretär residierte, die bei der Nazi-Polizei tätig war und später bei
der Waffen-SS kämpfte.
Demokratie ist ein fortwährender
Diskussionsvorgang für die besseren Entscheidungen – das Volk trifft
durch Wahlen die Entscheidungen.
1969 war ich auf dem evangelischen
Kirchentag in Stuttgart.
Bei einer Diskussion mit Günter Grass und
Helmut von Hentig (vor allem bekannt durch die Affäre-Odenwald-Schule) hatte
ein Tübinger Apotheker zur Wort gemeldet, redete wirr und grüßte abschließend
seine Kameraden von Waffen–SS und trank aus eine mitgebrachten Fläschchen
Zyankali - und starb durch das Gift.
Der SS-Waffen-Mann Günter Grass machte
sich lustig über den Apotheker aus Tübingen – hatte aber offenbar vergessen,
dass er Mitglied bei Waffen-SS war. Grass erzählte bei dieser Veranstaltung
nichts von seiner Waffen-SS-Mitgliedschaft – im Gegenteil.
Sie kennen die Grass-Geschichte.
Das Gleiche geschah mit Erhard Eppler und
Walter Jens. Sie hatten einfach “vergessen”, Mitglied der NSDAP zu sein. Als
man sie damit konfrontierte, hatte sehr dumme Ausreden parat – mehr nicht.
Ich hatte meinen Großväter, meinem Vater
und meiner Mutter intensiv befragt, was sie im Dritten Reich betan hat. Und ich
bekam überprüfbare und richtige Antworten.
Ich hatte das Glück, dass meine Eltern
niemals in irgendeiner Nazi-Organisationen waren. Sie weigerten sich einfach –
auch als Jugendliche und junge Erwachsene. Man musste nicht, wenn man nicht
wollte. Man Vater war – nach dem Entlassen der russischen Kriegsgefangenschaft
1947 – der kommunistischen Partei beigetreten. Und er gab sein Parteibuch
wieder zurück – nach dem die SED zusammen mit russischem Militär auf
streikende Arbeiter geschossen hatte.
Gezwungen wurde niemand. Auch in der DDR
nicht. Man musste Nachteile ertragen. Das ist richtig.
Aber man musste sich nicht gemein machen
mit der Diktatur – weder in der DDR noch im Dritten Reich.
Ich habe durch mein Elternhaus gelernt,
anderen Menschen nicht zu unterstellen, sie würden für die Diktatur der Nazis
oder Kommunisten Partei zu nehmen. Nur weil sie andere Meinungen vertreten als
ich.
Ich habe gelernt, gegen Menschen zu
kämpfen, die ihre Meinung als die einzige und wahre Wahrheit
darzustellen. Diese Menschen sind dann mit ihrem politischen Handeln sehr nahe
an einer Diktatur angesiedelt.
Und ich finde es ebenso sehr unangenehm,
wenn Journalisten mit ihrer Gouvernanten-Schreibe dem Leser moralinsauer daher
kommen. Das ist ein Teil der momentanen Krise des deutschen Journalismus.
Bei den derzeitigen Demos gegen AFD und
gegen vermeintliche und richtige Rechte, da habe ich immer den fürchterlichen
Eindruck – bei den Demonstranten-Gruppen aus Linken, die Gewerkschaften, SPD,
ev. Kirche, etc. spielt historische Rache eine große Rolle.
Weil die Wähler von SPD und KPD 1933/34 in
Massen zu Hitler überwechselten – bis hin zum bitteren Ende. Die Linke und die
SPD haben nicht ein deutsches Trauma , weil die Deutschen sich selbst
nicht von Hitler durch einen Aufstand befreiten – sondern von den
Alliierten. Mein Vater hat als Jugendlicher erlebt - wie ein zuvor strammer
SPD-Genosse / Lehrer im Sommer 1934 ganz plötzlich in der SA-Uniform in
der Schule erschien. Diese Opportunisten gab es viele – vor allem in den
deutschen Beamten, den Bürgertum, dem Adel und den Intellektuellen.
Und - leider - die Linken, linken
Sozis und die linken Evangelen, die vergessen nicht, dass die DDR-Bevölkerung
sich allein von den linken Unterdrückern/Diktaturen einst befreit haben.
Die heutige Kanzlerin, die bis zum 35.
Lebensjahr in der DDR lebte und nie als Oppositionelle aufgefallen war, macht
jetzt eine sehr radikale deutsche Flüchtlingspolitik, ohne die anderen
europäischen Völker und Länder zu befragen. Das ist Politik nach dem Motto: Am
deutschen Wesen soll Europa genesen.
Das ist eine großdeutsche und widerlich
nationalistische Politik, die ich verabscheue.
Insofern empfinde ich ihre Artikel
aufdringlich, einseitig und a-politisch – und das halte ich für sehr
gefährlich.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Dieter Ueckert
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