Freitag, 27. November 2015

28.11.2015 - Garden

Mit dieser Grafik war eine Anzeige "Menschen für Xavier Naidoo" in der FAZ geschaltet- 100 Künstler haben unterschrieben. Und die "Robespierre-Journalisten" in SPIEGEL, SÜDDEUTSCHE, STERN und TAGESSPIEGEL haben sich in ihren Artikel-Bemerkungen fürchterlich aufgeregt, und wollten gleich ihre "Revolutionsgarden", sprich ihre Autonomen-Garden, losschicken ... ging aber nicht, die sind gerade zum Demonstrieren gegen die AFD unterwegs.

Literatur-Tipp:

Arthur Solmssen: Berliner Reigen / S. Fischer Verlag, Frankfurt / Main, 1981 / Aufbau Verlag, Berlin / Weimar, 1984

Schauplatz ist das Berlin der Weimarer Republik von 1922/23. Aufruhr herrscht in der deutschen Hauptstadt nach dem Ende des I. Weltkriegs. Das Proletariat ist auf den Straßen, die Rote Fahne schwenkend. Freikorps ziehen im selbstgesuchten oder im (unbekannten) Auftrag der neuen Republik, der Siegermächte oder von Kapitalisten, die die Gunst der Stunde zu eigener Bereicherung nutzen, durch Berlin. In radikaler neuer Musik, Theater und Kunst zeigt sich die brodelnde, gehässige und nervöse Energie der Menschen. Eine aufgrund der Reparationszwänge die Wirtschaft lähmende Inflation ungekannten Ausmaßes bestimmt das Leben einer nach der Hungerblockade immer noch hungrigen und verzweifelten Bevölkerung, die sich der Verzweiflung oder dem Opportunismus hingibt. In den Villenvierteln am Wannsee und im Grunewald glauben aristokratische und großbürgerliche Familien, ihr Leben in Überfluss weiterführen zu können.
 

Peter Ellis, ein junger Amerikaner aus einer Quäker-Familie in Philadelphia, hat bei Kriegsbeginn 1914 sein Studium am Harvard College in den USA unterbrochen, um an der alliierten Front in Frankreich als Sanitäter zu helfen. Wir erleben in einer kurzen Episode, wie er 1916 einem Piloten der Gegenseite das Leben rettet (dem Deutschen Christoph Keith), und erfahren später im Roman, dass er einen Teil des Kriegs mit Bombenschock in einer Nervenklinik verbracht hat, wo er mit der Malerei begann. Die Malstudien will er in Berlin fortsetzen. Die Stadt, abgebrüht und verführerisch zugleich, zeigt ihm eine frivole Gesellschaft à la Otto Dix und George Grosz, angesiedelt in prunkvollen Hotels, in den Kneipen der Friedrichstrasse, den Hinterhöfen der Arbeiterviertel, in aristokratischen Residenzen.
 

Als Ausländer ungebunden an soziale Schichten, lebt Peter in zwei ganz gegensätzlichen Welten: in der Bankiersfamilie Waldstein und in Neukölln, wo er bei Fritz Falke (nach dem Vorbild George Grosz´ gezeichnet), einem Schüler Max Liebermanns, Malerei studiert. Falkes Kunst und Leben ergeben sich mit Zynismus dem Unglück, während die Quäker in den Arbeitervierteln z.B. mit ihren Suppenküchen in anteilnehmender Menschlichkeit ihr uneigennütziges Engagement entfalten. Historisch authentisch sind auch eine Reihe von anderen Persönlichkeiten im Roman. Peter Ellis trifft Hermann Göring, Max Liebermann (der 1933 sagen wird "Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte!") und den deutschen Außenminister Walther Rathenau, dann Bert Brecht.
 

Peter beobachtet die deutsche Entwicklung mit der Klarheit, die aus der Distanz zwischen der deutschen und amerikanischen Kultur erwächst. Er beschreibt ungemein einfühlsam, wie sich in Berlin die Verärgerung, Verzweiflung, unterschwellige Aggressivität, Feindseligkeit, Verbitterung, Gehässigkeit und Unzufriedenheit nebeneinander entwickeln. Walther Rathenau wird von vielen als Verräter und jüdischer Intellektueller gehasst und verachtet. Trotz ihrer Trauer (und zuweilen Mutlosigkeit) versuchen Menschen wie er die Politik und die sozialen Spannungen in Deutschland zu moderieren, die polarisierten Seiten einander näher zu bringen, sie zu lösen aus verhängnisvoller Fixierung in einer Kultur des sorglosen Theoretisierens und der Abneigung gegenüber praktischem Handeln in unübersichtlicher Lage.

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