Sonntag, 14. Juni 2015

14.06.2015 - Eng und schön

Ich habe einen Mann vor Augen, der 1918 geboren wurde – in eine kleinbürgerliche Familie. Dank der demokratischen Bildungspolitik der Weimarer Republik und des Dritten Reichs konnte er das Gymnasium besuchen.

Der Vater war kleiner Beamter, die Mutter hatte nebenbei gearbeitet, um das Schulgeld für ihn bezahlt werden kann.

1936 wurde Abitur gemacht. Der junge Mann wurde  Student – Fach Jura. Und er war von Beginn an im Dritten Reich mit dabei. Bei den Pimpfen. Bei der HJ. Beim Arbeitsdienst.

Dann beim Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) – und auch als Mitglied der NSDAP und bei der SS. Die Organisation für das Arbeiter und das plumpe Volk war die SA.

Für karrieresüchtige Studenten aus dem Kleinbürgertum waren die Partei und die SS die richtigen Organisationen im Dritten Reich.

Rasch hatte er das Studium erfolgreich abgeschlossen – und seit 1943 führte er seinem Führer in der Waffen-SS als Offizier.

Nach dem Krieg würde die SS das europäische Arier-Volk schaffen.

Bis dann musste das völkische Geziefer ausgerottet werde: Juden, Zigeuner, Homosexuelle, Prostituierte, etc.

Nach dem Krieg wurde er vor Kriegsgefangenschaft verschont, konnte heiraten und seine juristische Ausbildung beenden.

Verbrechen konnten ihm nicht nachgewiesen werden. Er sah ein, dass er politisch falsch dachte - und vergewaltigt wurde – und ging in die SPD.

Dort machte er in einem deutschen Bundesland eine gute Karriere als gehobener Regierungsbeamter.

Seit 1947 kamen schnell hintereinander drei Kinder. Zwei Buben und eine Mädchen. Alle durften später studieren.

Der Älteste wurde auch Jurist – und teilweise sogar Politiker in der SPD.

Und dieser ältere Sohn bekam zwei Kinder. Deren älteste, 1977 geboren, wurde ebenfalls Jurist. Aus „Familien-Tradition“. Und auch SPD-Mitglied.

Das mit den Ariern, die der SS-Großvater bejubelt hatte, wollte er nichts zu tun haben.

Für ihn gibt es aber trotzdem quasi „neue Arier“ - bessere Menschen als das normale Volk - Nicht-Akademiker:

Zum Beispiel die Juden in Deutschland, die entschiedener klüger sind als das normale dumpfe deutsche Volk. Wenn man den deutschen Redaktionen glauben darf - in TV, Radio oder Gazetten. Oder die  wunderbaren Homosexuellen, die Edel-Minorität in Deutschland, die jetzt – hoffentlich bald - heiraten dürfen, Kinder zeugen (künstlich) oder adoptieren können.

Irgendjemand fragte den Bewunderer der neuen "Arier": Was ist der Unterschied zwischen den Nazi-Ariers seines SS-Großvaters oder seinen neuen Arier, die er so bewundert?

Mit diesen Frager spricht er nicht mehr. 

Dass die Juden, Muslime, Christen, Männer, Frauen, Homosexuelle, Heterosexuelle, etc. mal schlecht und dann gut sind, mal charaktervoll, mal charakterschwach, böse und gut, mal klug, mal dumm und doof, etc. sind - das gibt es für ihn nicht. Schlecht sind nur Rechte.

Dass es die guten Arier und die schlechten Juden gibt - oder umgekehrt, das gibt es für ihn nicht ... Das ist in seinem Kopf nicht drin. Aus seiner Tradition: Alles oder nichts.

Außer ... die hässlichen Krüppel Hitler, Goebbels, Göring und Himmler sind die "wahren Arier" Deutschlands? Blond, blöd, blauäugig - rauschgiftig. So sah es der SS-Großvater...

Wie sagte einst Churchill über den gewöhnlichen, barbarischen Deutschen: „Man hat die Deutschen entweder an der Gurgel oder zu Füßen.“ 

Der barbarische Deutsche fühlt sich immer wohl - in Diktaturen, ob kommunistisch oder nationalsozialistisch, oder in braven und spießigen Demokratien.

Hauptsache es geht geistig eng und kleinbürgerlich und biedermeier'lich zu. Wie jetzt bei Angela Merkel. 

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