Mittwoch, 8. April 2015

08.04.2015 - Asozial


Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Kommunisten aus dem Unterland, der bis 1945 im KZ saß - Thema: Heilbronn im Dritten Reich.

Ich erinnere mich an das Gespräche und die Themen. 

Kommunisten und Nationalsozialisten in Heilbronn? Bei waren Menschen außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft. Brüder in Feindschaft?

Nein, die Kommunisten und Nazis waren Feinde. Und die Sozis standen dazwischen. Kleinbürger - oder wie die Kommunisten sagten. Sozialfaschisten.

Aber beide wollten eine Vergesellschaft Teilen der Wirtschaft?

'Bei den Nazis war das nur Tünche. Wie die Jahren zwischen 1933 bis 1945 zeigten.'

Aber viele Sozialgesetze der Nazis wurden ohne Abstriche nach 1945 übernommen - und sogar der verschärfte Homosexuellen-Paragraf.

'Das wurde zunächst von den Allierten übernommen - und dann Stück verändert, in der DDR mehr, in der BRD weniger. Und bei den Homosexuellen, da hatte das deutsche Volk noch ihre Vorurteile.'

War Heilbronn eine sozialdemokratische Partei, eine bürgerlich-liberale Stadt - oder wie?

'Die Teile Böckingen oder Neckargartach waren stark kommunistisch geprägt. Die Stadt selber war liberal - daneben war die Arbeiterschaft stark sozialdemoktatisch geprägt. Vor allem in der Innenstadt Heilbronn waren die Nazis stark geworden -  um die 30ger Jahren. Die SA hat ihr Lokal in der Gaststätte  "Das Goldene Lamm" in der Lammgasse.'

Im KZ trennten die Kommunisten sehr genau, las bei Egon Kogon - zwischen Kriminellen und den Politischen. 

'Unsere Ziel  im KZ war, das Leben unserer Genossen zu schützen - dafür gingen wir auch ein Kopromisse.'

Wenn die Kommunisten von Euch an erster Linie beschützt werden müssen, wie sah es mit den Sozialdemokraten?

'Die Sozialdemokraten waren schnell zu Kompromissen mit den Nazis bereit. Das hat sich nach dem Röhm-Putsch gezeigt. Viele Gewerkschafter und Sozis haben danach ihren Frieden mit Hitler und seinen Koalitionären aus Bürgertum,  Militär, Industrie, Mittelstand, Bauern und Kirchen geschlossen.'

Wer hatte sich in Heilbronn gegen die Juden engagiert?

'Vor allem Leute vom liberalen Bürgertum, vom Handwerk und aus dem Mittelstand, die sich etwas davon versprochen haben - billig zu Wohlstand und Eigentum zu bekommen. So ist es ja auch geschehen. Sie kamen sehr preiswert und nicht zu sagen sehr billig zu Wohnungen, Möbeln, Geschäften, Grundstücken,  Häuser, etc. - Schon lange vor den sogenannten Reichskristallnacht. Wer in Heilbronn wissen will, der kann ja nachlesen, wer gerade zu dieser Zeit sich jüdischem Eigentum billig an den Nagel gerissen hat. Und das waren in der Mehrheit nicht nur Nazis.'

Nach 1933 schwoll die Nazi-Partei dick an - durch wen?

'In Heilbronn waren es die Beamten, die bis 1933 SPD'ler waren. Vor allem die Juristen und Lehrer wechselten sehr schnell die Parteien. Nach 1945 waren sie alle verkappten Widerständler. Siehe der SPD-Parteisekretär Heini Großhans, der nach 1933 bei der Polizei und später bei der SS war. Nach dem Krieg war er wieder SPD-Parteisekretär, ohne rot zu werden.'

Und nach dem Krieg hatten alle ihre Häuser im Villengegend - warum das? 

'Die Heilbronner Stadtverwaltung war vor 1933 sozialdemokratisch gefärbt, danach stramm NSDAP und in der SA organisiert - und danach 1945 wieder sozialdemokratisch. Die sorgten dafür, dass die SPD'ler nicht zu stark in ihren Berufsleben stochert. Daher die schönen Bauplätze und Villen."







 
Welchen Status hatten die homosexuellen KZ-Insassen innerhalb des Konzentrationslagers bekommen?

'Für die SS rangierten die Schwulen neben den Juden ganz unten auf der Liste der Insassen.
Ganz oben standen die politischen Häftlinge, die wir schützen mussten - vor allem die Kommunisten. 
Deshalb haben wir mit den SS-Bewachungsmannschaften zusammengearbeitet. 
Am erstem Punkt der Prioritäten-Liste stand: das Leben unserer Genossen schützen und bewahren.'

Und wer wurde geopfert, wennn es notwendig war?

'Kriminelle und andere Häftlinge wurden dann von uns nicht geschützt.'

Wurden homosexuelle Häftlinge nicht zu beschützen?

'Unsere Genossen standen an erste Stelle unserer Listen. Homosexuelle waren oft charakterlich nicht stark genug - und oft zu asozial und kriminell.'

 

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